Freitag, 18. Februar 2011

Aus dem Osten in den Osten

Niemals hätte ich gedacht, dass es mich einmal nach Polen verschlägt oder dass ich mich überhaupt für das sowjet-graue Osteuropa interessieren könnte.
Eine ehemalige Lehrerin, die ich vor kurzer Zeit traf und der ich von meinen Reiseplänen berichtete, fragte mich, warum ich denn dann damals in der Schule nicht Russisch belegt hätte, wo ich mich doch jetzt Woche für Woche in der Sprachschule mit der polnischen Grammatik quäle... Tja, das ist wohl durchaus eine berechtigte Frage. Es lag wahrscheinlich schlicht daran, dass ich zu der Zeit noch nicht wusste, wohin ich später einmal quasi-auswandern würde. Manchmal ist man ja mit 12 Jahren noch etwas unschlüssig bezüglich seiner Zukunftspläne.
In wenigen Tagen ist nun aber soweit. Ich werde den EuroCity nach Kraków besteigen.
Um die dafür nötige Fahrkarte zu erwerben, musste ich mich erstmal einem Schein-Quiz stellen. Als ich nämlich an den Schalter im Reisezentrum der Deutschen Bahn im Bahnhof Südkreuz trat und dem Mitarbeiter mein Anliegen vortrug, schaute der mich zunächst ein wenig verdutzt an...- Krakau? Wahrscheinlich hatte er schon Köln, Hamburg oder Dresden eintippen wollen und dann kam ich und wollte stattdessen lieber nach Polen.
Ja, Krakau, in Polen, habe ich ihm geantwortet. Weil aber mehrere Wege nach Rom führen, bzw. in meinem Fall nach Krakau, musste ich ihm noch weiter auf die Sprünge helfen.- EuroCity, Mittwochmorgen, Abfahrt um 09.40 h Südkreuz. Eine Sitzplatzreservierung brauche ich nicht, der Zug wird wohl nicht so arg überfüllt sein. Na, ich müsse es ja wissen, meinte er, denn er selbst sei noch nie in Polen gewesen. Hmm, alles klar. Rückfahrtticket? Nein, danke, ich bleibe länger. Und zack, schoss die Augenbraue nach oben. Wie lange ich denn bleiben würde und warum ich überhaupt nach Polen fahre? Na, weil es dort so schön ist! Ich denke, er hielt mich für ein bisschen bekloppt und dachte sich wohl, ich solle mal lieber froh sein, in einem vereinten Deutschland ohne Mauer groß geworden zu sein, statt jetzt in jugendlichem Leichtsinn den Sowjets hinterher zu reisen. Aber hey, ich stamme aus Brandenburg, mit Vorurteilen kann ich umgehen. Man bekommt ja doch hin und wieder den ein oder anderen Witz um die Ohren gehauen.
Zwölfeinhalb Minuten später hatten wir es dann geschafft. Er hatte eine befriedigende Antwort und ich mein Ticket.
Der Bahn-Beamte stellte die Frage, die ich in den letzten Wochen und Monaten oft gehört habe: Warum willst du nach Polen? Es ist gut, zu fragen, denn was weiß der Durchschnittsdeutsche schon von unseren östlichen Nachbarn? Die Männer tragen alle Bart, die Frauen rot-weiß-karierte Kopftücher, es wird viel Wodka gesoffen.
Okee, das mit dem Wodka stimmt, aber der Rest ist 'n alter Hut. In Polen ist es toll, ganz anders als ihr denkt! In den Supermärkten gibt es sogar Nutella und die Menschen sind auch nett. Also, bleibt dabei und lasst euch überzeugen.
Wer am Ende Lust auf Polen bekommt, darf mir gerne einen Wodka ausgeben. Die nächste Runde geht dann auch auf mich. Viva Polonia!